Buch
Stol­per­stein An­nen­straße 34, Graz
Stei­er­mark, Ös­ter­reich. Fo­to: Da­nie­la Gra­be
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47° 07' 12.74" Nord,15° 42' 62. 77" East
Der

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Fol­ge 4(13)

Ok­to­ber 2015
Tech­ni­sche Uni­ver­sität Ber­lin. Me­di­en­wis­sen­schaft. Pra­xis­pro­jekt
IFAM: Das In­sti­tut für an­ge­wand­te Me­di­en­wis­sen­schaft - Fried­rich Knil­li (ifam-ber­lin.de)
  1. Fried­rich Knil­li

    Ein »Stei­rer­bua« er­obert Schang­hai

    Das Dra­ma ei­nes be­gab­ten Kin­des

    Im Lau­fe des Zwei­ten Welt­krie­ges zer­stör­ten ame­ri­ka­ni­sche Bom­ber­pi­lo­ten im­mer wie­der Dör­fer und Großs­täd­te, da­bei wur­den vie­le Zi­vi­lis­ten ver­letzt und er­mor­det, Kin­der, Frau­en und Al­te. 1770 Bom­ben­to­te in Graz bei 57 Tag- und Nacht­an­grif­fen zwi­schen 1941 und 1945. Die meis­ten star­ben aber bei ei­nem Luft­an­griff am 1. No­vem­ber 1944. Die US-Luft­an­grif­fe auf Shang­hai be­gan­nen im Ju­li 1944. Fast täg­lich gin­gen Bom­ben der ame­ri­ka­ni­schen B-29-Flie­ger nie­der. Am 17. Ju­li 1945 tra­fen sie das jü­di­sche Ghet­to in Hong­kew. 31 Flücht­lin­ge star­ben, hun­der­te wur­den ver­letzt. Und das Mo­na­te nach der Be­frei­ung des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Ausch­witz durch die Ro­te Ar­mee. Wer wa­ren die Pi­lo­ten, die die­se Mord­ma­schi­nen flo­gen? Gangs­ter a la Al Ca­po­ne aus Chi­ca­go, Schlitz­au­gen aus Chi­na Town, be­rufs­mäßi­ge Ter­ro­ris­ten?

    Vier­tes Ka­pi­tel
    Pu­blic En­e­my Nr. 1

    Für den vier­zehn­jäh­ri­gen Spiel­mann wa­ren sie al­le Hel­den. Er fühl­te sich wie ei­ner von ih­nen, wie Ga­ry Co­oper in dem Spiel­film "On­ly the Bra­ve". Der Nord­staa­ten-Of­fi­zier führ­te im Sü­den ei­ne Un­der­co­ver Ak­ti­on durch, wird da­bei ent­larvt und zum To­de ver­ur­teilt. Den Tod muss­te auch Hel­mut be­fürch­ten. Die hal­be ja­pa­ni­sche Ar­mee war hin­ter ihm her, weil er an­geb­lich ei­nen Of­fi­zier er­schos­sen hat­te. Auf der Flucht ver­steck­te er sich mit sei­ner 8 mm Nam­bu in ei­nem Kel­ler, hielt es da aber nicht lan­ge aus. Er wi­ckel­te die Stan­dard Pis­to­le der Kai­ser­lich Ja­pa­ni­schen Ar­mee in Pa­pier und ver­steck­te sie un­ter ei­nem Hau­fen al­ter Zie­gel ei­ner Bom­ben­rui­ne. Die ers­ten Ver­su­che, Ge­schäf­te zu ma­chen, schlu­gen fehl. Kei­ner der Schwarz­händ­ler woll­te mit ihm, dem Ge­such­ten, et­was zu tun ha­ben. Die Angst vor den Jap­sen war zu groß. Auch sein bes­ter Freund hat­te Angst, ver­däch­tigt zu wer­den. Aber er be­schaff­te Pa­tro­nen. Ein­zig die Freun­din ei­nes an­de­ren Freun­des be­wun­der­te ihn, sie um­arm­te und küss­te ihn und woll­te so­fort ei­nen Ge­schlechts­ver­kehr. Er war für sie der Pu­blic En­e­my Nr.1.

    BuchHel­mut Spiel­mann:
    "Shang­hai -
    ei­ne Ju­gend im Exil"

    Her­aus­ge­ge­ben von
    Ge­rald Lam­precht und
    In­ge­borg Ra­dims­ky.
    Clio Ver­lag Graz 2015
    Preis: Eu­ro 18.00

    Vor Weih­nach­ten hol­te Hel­mut die Nam­bu aus dem Ver­steck in der Rui­ne und rei­nig­te die Waf­fe. Sie war ver­ros­tet und ver­dreckt. Aber nach Wo­chen glänz­te sie wie ei­ne Mons­tranz. Er ver­steck­te sie un­ter sei­nen Mi­nis­tran­ten­ge­wän­dern in der Sa­kris­tei.

    An­ge­fan­gen hat­te al­les im Herbst 1944. Hel­mut wur­de bei ei­ner Aus­weis­kon­trol­le von ei­nem ja­pa­ni­schen Un­ter­of­fi­zier fest­ge­nom­men und in das Haupt­quar­tier der Pao Chia ge­führt, wo ihm be­foh­len wur­de, auf den lei­ten­den Of­fi­zier zu war­ten. Kaum hat­te der Un­ter­of­fi­zier den Raum ver­las­sen, sprang Hel­mut auf, schnapp­te sich sei­nen Aus­weis, der auf dem Schreib­tisch lag, und stahl aus der of­fe­nen Schreib­tisch­la­de ei­ne ge­la­de­ne Nam­bu. Mit der Pis­to­le in der rech­ten, öff­ne­te er mit der lin­ken Hand vor­sich­tig die Büro­tür, trat in den Gang und schoss nach drei Schrit­ten zwei­mal, ein­mal in den Bo­den, das zwei­te Mal in die Luft, um zwei Sol­da­ten, die sich auf ihn stürz­ten, zu er­schre­cken. Er ver­ließ das Haupt­quar­tier der Pao Chia lang­sam und un­auf­ge­regt. Erst in der Sei­ten­straße rann­te er um sein Le­ben. Die Flucht sei ge­lun­gen, weil der, der ei­ne Waf­fe be­sitzt und be­reit ist, sie zu be­nut­zen, den Vor­teil auf sei­ner Sei­te ha­be.

    Im nächs­ten Ka­pi­tel geht es um die Atom­bom­ben­ab­wür­fe auf Hi­ro­shi­ma am 6. Au­gust 1945 und auf Na­ga­sa­ki am 9. Au­gust 1945 und um das En­de des Zwei­ten Welt­krie­ges in Asi­en. Hel­mut Spiel­mann und sei­ne Freun­de wa­ren McAr­thurs bes­te Trup­pe hin­ter den feind­li­chen Li­ni­en. Jetzt sind sie Dol­met­scher der Ame­ri­ka­ner und fah­ren in ei­nem US-Mi­litär­fahr­zeug durch Shang­hai: Vier in ei­nem Jeep.

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    Le­ser­kom­men­ta­re
    Isa Fran­zis­ka Knil­li, 16 Jah­re

    Für mich und be­stimmt für mei­ne Freun­din­nen sind die Schil­de­run­gen die­ses Stei­rers nur schwer zu glau­ben. Er war viel jün­ger als ich. Aber Hel­mut bringt ei­nem Shang­hai sehr glaub­wür­dig vor Au­gen. Der stän­di­ge Kampf um je­des Mahl, die sys­te­ma­ti­sche Aus­gren­zung der Flücht­lin­ge sei­tens des Staa­tes und der trotz­dem oder eher ge­ra­de des­we­gen vor­han­de­ne Geist des Re­bel­lie­rens. Die ge­schick­ten Lö­sun­gen, die er sich über­legt, um an Geld zu kom­men, brin­gen ei­nen, ob­wohl es ei­gent­lich ein sehr erns­tes The­ma ist, zum Schmun­zeln. Er er­zählt da­von, wie er die Ban­ken über­lis­tet, drei Ge­schir­re voll Mit­tag­es­sen in der Straßen­bahn ba­lan­ciert oder im Schul­hof ein klei­nes Jau­sen-Ver­kaufs-Busi­ness star­tet oder sei­nen "Fein­den" ih­re Waf­fen klaut und im­mer knapp aber doch ent­kommt. Wäh­rend sei­nes stän­di­gen Ha­sen­laufs vor der chi­ne­si­schen Staats­po­li­zei und den "Japs" ver­lor er trotz­dem we­der sei­nen Spaß an de­ren Pro­vo­ka­ti­on, noch sei­ne gu­ten Freun­de oder sei­ne Schul­aus­bil­dung. Ich, als in die­sem The­ma to­ta­le Lai­in, fand es sehr in­ter­es­sant so ei­nen Ein­blick in die Si­tua­ti­on an die­sem Ort zu die­ser Zeit zu be­kom­men und mir vor­zu­stel­len, wie ich Han­deln wür­de wenn mich so ein oder so ein ähn­li­ches Schick­sal tref­fen wür­de.


    An­ti­se­mi­tis­mus­for­schung
    www.feucht­wan­ger.de
    www.ich-war-jud-su­ess.de


    Fort­set­zung im No­vem­ber in der Fol­ge 5/12 auf www.Der­In­ter­net­link.de

    Wer­bung
    Stei­ri­scher Herbst 2015

    Kulturzentrum

    Le­na Knil­li, In­stal­la­ti­on "Zu Tisch"
    Zu Tisch

Walter Kohn

Dass der Zwei­te Welt­krieg in Eu­ro­pa früher als in Asi­en zu En­de ge­hen wür­de, konn­te der Cou­sin Wal­ter be­reits im Som­mer 1944 in Mos­kau er­le­ben. Denn Sta­lin war be­reits am 17. Ju­li 1944 in der La­ge, rund 57.000 ge­fan­ge­ne deut­sche Sol­da­ten und Of­fi­zie­re in Mos­kau öf­fent­lich zur Schau zu stel­len. Sie muss­ten in zwan­zi­ger Rei­hen mit ih­ren Ge­ne­ra­len, ih­ren Heer­füh­rern an der Spit­ze am Kreml vor­bei ge­hen. Die Ge­fan­ge­nen wur­den be­wacht und es­kor­tiert von Rot­ar­mis­ten mit auf­ge­pflanz­tem Ba­jo­nett und von be­rit­te­nen Ko­sa­ken. Sie ka­men di­rekt von den Schlacht­fel­dern in Weiß­russ­land, wo Sta­lin der Durch­bruch durch die Ost­front ge­lun­gen war. Die Zer­schla­gung der Hee­res­grup­pe Mit­te.

Es war ein an­ti­ker Tri­umph­zug, mit dem Sta­lin sei­ne Beu­te vor­führ­te, die künf­ti­gen Ar­beits­skla­ven für Si­bi­ri­en. Wie vie­le Mos­kau­er stand auch der kom­mu­nis­ti­sche Emi­grant und Spa­ni­en­kämp­fer Wal­ter Kohn am Straßen­rand und konn­te in den mü­den Ge­sich­tern der Män­ner nur Hoff­nungs­lo­sig­keit le­sen.

Hans Spielmann

Der ra­san­te Vor­stoß der Ro­ten Ar­mee mach­te den Häft­lin­gen in Ausch­witz Hoffung. Denn im La­ger hat­te es sich her­um­ge­spro­chen, dass das "Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Lub­lin" be­reits am 23. Ju­li 1944 von der Ro­ten Ar­mee be­freit wor­den war. Für Hans Spiel­mann war das Gerücht kei­ne Hoff­nung, denn er hat­te die Sta­li­nis­ten am ei­ge­nen Leib er­fah­ren, im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg und da­nach in Mon­tau­ban. Er war Trotz­kist.

Ernst Spielmann

Der Ita­li­en­feld­zug war ein Feld­zug der Al­li­ier­ten und zwang Hit­ler Trup­pen von der Ost­front ab­zu­zie­hen. Er war ei­ner der ver­lust­reichs­ten Kriegs­schau­plät­ze im Zwei­ten Welt­krieg, nicht für den Le­bens­künst­ler Ernst Spiel­mann. Er konn­te bei­spiels­wei­se sei­ne Schei­dung vor­an­trei­ben. Rom wur­de am 4. Ju­ni 1944 ein­ge­nom­men. So­fort reich­te er die Schei­dungs­pa­pie­re bei dem in Rom wie­der am­tie­ren­den Ober­rab­bi­ner ein und ließ sie an das Ober­rab­bi­nat in Je­ru­sa­lem schi­cken. Das ge­schah, aber die Do­ku­men­te wur­den in Je­ru­sa­lem nicht an­er­kannt, weil sein Na­me falsch ge­schrie­ben wor­den war. Und so wei­ter und so fort. Mehr in der No­vem­ber­aus­ga­be.